Von der Arbeitswelt zurück auf die Schulbank
Während für die meisten Studierenden der Schritt an die Pädagogische Hochschule in Schwyz bedeutete, weitere Jahre an einer Schule zu verbringen, hiess es für die anderen Abenteuerlustigen zurück auf die Schulbank.
Ob am Gymnasium oder an der Fachmittelschule, der Alltag der letzten Jahre spielte sich stets in einem Klassenzimmer ab. Für andere unter uns, die in der Öffentlichen oder Privatwirtschaft tätig waren, sahen die Wochentage jedoch anders aus. Das Bestreichen von Häusern und Wohnungen, die Betreuung von Kindern in einem Hort, das Verfassen von Offerten, die Behandlung von Patienten oder, wie in meinem Fall, das Zusammenbauen von Maschinen und ihre Montage an verschiedenen Orten rund um die Welt. So vielfältig wie die Charaktere an unserer Hochschule, so unterschiedlich gestalteten sich die Wochen der Arbeitstätigen. Doch eines haben wir alle gemeinsam: Wir strebten eine Veränderung in unserem Arbeitsleben an.
Aufgrund dessen, dass ich mich selbst nie als typischen Mechaniker oder «Chnuschtis», wie ich sie auch gerne nenne, gesehen habe, war mir klar, dass ich diese Arbeit bestimmt nicht bis zu meiner Pensionierung machen werde. Als Beispiel: Meine Mitstiften machten sich kaum zu Hause angekommen sofort ans Auseinander- und Wiederzusammenbauen ihrer Töfflis, Autos oder anderen Projekten. Ich hingegen verbrachte die meiste Zeit auf dem Fussballfeld. Nicht das es viel genützt hätte, den an Talent hat es mir mehr als gefehlt. Trotzdem machte es Spass und das ist laut meinem Mami ja das Wichtigste. Nach verschiedenen Ideen und einem kurzen Abstecher ins Sozialwesen, wo ich als Leiter einer Werkstatt für Menschen mit Beeinträchtigungen gearbeitet habe, besuchte ich eine 2. und 6. Primarklasse und wusste sofort, dass der Lehrer:innenberuf der Richtige für mich ist. Folglich meldete ich mich zu einem Informationsanlass der PH Schwyz an, wo mir erklärt wurde, dass ich zuerst den Vorkurs absolvieren müsse, um den Schritt an die Hochschule machen zu können. Unwissend darüber, wie gross die Herausforderung sein wird, habe ich mich für den Kurs angemeldet.
Der Start in den Vorkurs war ein aufregender Schritt, auf den ich mich sehr freute. Die Freude hielt jedoch nur bis zur ersten Deutschlektion an, wo unsere Dozentin auch hätte Chinesisch reden können – verstanden hätte ich genauso viel. Ich bin mir bewusst, dass Frau Irma Schöpfer, sollte sie diesen Text lesen, sicherlich nicht überrascht sein wird. Ich bin sogar fest davon überzeugt, dass sie bemerkt hat, dass ich meine Mühe hatte. Ich möchte hier jedoch betonen, dass dies allein daran lag, dass ich schlicht und einfach unfähig war. Frau Schöpfer hingegen möchte ich ein Kränzchen winden, denn am Unterricht konnte ich nichts aussetzen. Insbesondere der Start mit dem SRF-ABC-Spiel hat mir immer gut gefallen.
In den ersten drei Monaten ging es mir hauptsächlich darum, mich über Wasser zu halten. Die Schwimmflügeli meines 4-jährigen Gottimeitli kamen da sehr gelegen. Nach 10 Jahren wieder zurück in der Schule, da musste sich mein Gehirn erst wieder daran gewöhnen. Ich erinnere mich an ein Gespräch mit Frau Schöpfer, in dem Sie mich fragte, ob alles in Ordnung sei, denn ich sei dagesessen «wie ein Schluck Wasser». Welches Fach unterrichtet wurde, könnt ihr euch selbst denken. Ich versicherte ihr jedoch, dass es mir gut gehe und ich lediglich noch ein bisschen Zeit benötige, um mich an die neue Situation zu gewöhnen. Ausserdem wäre es mir nicht einmal in den Sinn gekommen, zu lamentieren, denn einige meiner Mitschüler:innen hatten noch ganz andere Hürden zu bewältigen. Während die meisten von uns nur die Verantwortung für sich selbst tragen mussten - bei einigen hiess es sogar noch Hotel Mama - gab es wiederum andere, die sich zu Hause schon um zwei oder sogar drei Sprösslinge kümmerten. Darum möchte ich hier ein weiteres Mal mein Lob an die betreffenden Personen aussprechen - Chapeau!
Die grösste Herausforderung bestand für mich darin, alles unter einen Hut zu bringen: Schule, Arbeit, Familie, Freunde, Sport und Haushalt. Es dauerte einige Zeit, bis sich alles eingependelt hatte. Nach drei Monaten Eingewöhnungsphase hatte ich mich zum Glück gefangen und mich an meinen neuen Alltag gewöhnt. Einzig mit den womöglich unbequemsten Stühlen aller Schweizer Hochschulen hatte ich und werde ich wohl immer meine Mühe haben. Trotzdem machte es mir Spass, in die Schule zu gehen, Neues zu lernen und mit meinen Klassenkamerad:innen in den Austausch zu kommen.
Nach den Winterferien, in denen ich weit mehr Stunden als für meine damalige LAP gelernt hatte, standen nun die ersten Prüfungen an. Verständlicherweise waren wir alle ziemlich angespannt. Ein Prüfungsabsolvent war so gereizt, dass er während des Sporttests nach einer misslungenen Tanzeinlage einen Schrei von sich liess, welcher einem Brunftschrei eines Elchs nahekam. Meine Mitstudent:innen sahen ziemlich besorgt aus, während ich mir ins Fäustchen lachen musste. Hier sollte vielleicht noch erwähnt werden, dass jene Person die Prüfung ohne Mühe bestanden hat, jedoch einen sehr grossen Ehrgeiz besitzt. Ausserdem erlaubt man sich bei engen Freunden doch eher einen Lacher, denn genau das zeigt, zumindest in meinen Augen, wie gut man befreundet ist. Während wir nun qualvoll auf die Prüfungsergebnisse warten mussten, ging es schon wieder im Eilgang weiter.
Der zweite Teil des Jahreskurses verging äusserst schnell. Kaum waren die Ergebnisse der ersten Prüfungen bekannt, standen schon die nächsten an. Mit den Abschlussprüfungen im Sommer schien das Ende des Vorkurses in greifbarer Nähe zu sein, doch gleichzeitig musste die alte Denkmühle noch einmal auf Hochtouren laufen. Lustigerweise wird uns im Laufe des ersten Semesters als angehende Lehrkraft der Unterschied zwischen trägem und intelligentem Wissen erläutert, wobei ersteres nicht von grossem Nutzen ist. Und dennoch muss alles, was man für diese Prüfungen lernt, ins Kurzzeitgedächtnis gestopft werden, nur um es dann in der Sommerpause wieder zu vergessen. Für einen späteren Beruf, in dem Empathie eine der wichtigsten Voraussetzungen ist, stellt sich hier für mich die Frage, wie wichtig es denn ist, zu wissen, wo im Satzgefüge der Konjunktionalsatz und wo der Gleichsetzungsnominativ ist, oder wie zentral die Stochastik oder auch die Finanzmathematik ist. Selbstverständlich möchten die Pädagogischen Hochschulen der Schweiz gute Lehrpersonen mit Maturitätsniveau ausbilden. Dennoch scheint mir das Zwischenmenschliche, was für diesen Beruf absolut essenziell ist, viel zu kurz zu kommen. Sei es, wie es ist, viel daran ändern wird sich in Zukunft wohl leider nicht.
Zusammengefasst kann gesagt werden, dass der Wiedereinstieg in eine Schule für viele Berufstätige kein einfacher Schritt ist. Neben der Tatsache, dass man seine Gehirnzellen wieder auf Vordermann bringen muss, darf auch die finanzielle Einbusse nicht in Vergessenheit geraten, besonders dann, wenn auch andere Personen vom Zahltag abhängig sind. Allerdings kann ich sagen, dass es mächtig Spass macht neue Leute kennenzulernen, sich unnützes Wissen anzueignen und gemeinsam seinem Ziel Schritt für Schritt näher zu kommen. Denn am Ende ist es so, wie es der chinesische Philosoph Konfuzius einst sagte: «Der Weg ist das Ziel»